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Bräuche und Sitten

Wer Madeira näher kennen lernen will, wird immer wieder auf die einzigartigen Bräuche und Traditionen der Inselbewohner stoßen. Überall begegnen ihnen gastfreundliche Madeirenser, die Sie an ihrer Kultur und ihren Sitten teilhaben lassen.
Diese Kultur der Madeirenser ist lebendig und kommt auf mannigfaltige Art zum Ausdruck, z.B. in den Stickereien und Wandteppichen, in den Korbwaren oder in der berühmten Folklore mit ihren farbenfrohen Trachten. Der "Brinquinho" (eine Art Schellenbaum), begleitet eine Gruppe Volkstänzer und gibt den Rhythmus vor. Die Tänzer tragen bunte Trachten und tanzen im Kreis. Der Tanz selbst hat eine feste Schrittfolge. Die Volkstanzgruppen geben heute Madeiras Lieder und Tänze in ihrer ursprünglichen Form wieder und erhalten so das Volksgut.

Der "Brinquino" selbst ist ein Stock, an dem Puppen befestigt sind. Diese Puppen tragen wie die Tänzer Trachten und sind mit bunten Samtbändern geschmückt. Der Träger bewegt das Instrument auf und ab, so dass die Tänzer zusammen mit den Puppen nach dem Rhythmus der Kastagnetten und Schellen tanzen.

Volkstanz

Der Volkstanz ist auf Madeira noch überall vertreten. Auf ihren Volksfesten, die im ganzen Land regelmäßig stattfinden, tanzen die Bauern den „Brinco“. Jeder kann mitmachen, egal ob mit oder ohne Tracht, er muss nur in den Kreis der Tänzer und Sänger treten.

Fado

Fado heißt auf Portugiesisch soviel wie "Schicksal / Göttlicher Wille". Die Werke handeln meist von unglücklicher Liebe, vergangenen Zeiten oder der Sehnsucht nach besseren Zeiten, sozialen Missständen und vor allem von der Saudade, die man mit Weltschmerz, Traurigkeit, Wehmut, Sehnsucht oder sanfte Melancholie übersetzen kann. Er drückt das gesamte Gefühlsleben aus, welches die Portugiesen miteinander verbinden soll. Ursprünglich hat sich der Fado aus den Gesängen der portugiesischen Seeleute entwickelt und tauchte zunächst nur in den anrüchigen Kneipen im Armenviertel Lissabons auf.

Der Sänger oder die Sängerin werden von einer klassischen und einer portugiesischen Gitarre begleitet. Die Instrumente werden traditionell von Männern gespielt.

Stickkunst

Madeira ist berühmt für seine kunstvollen Stickereien. Historisch ist nicht gesichert, wann genau die Kunst des Stickens auf Madeira begann. Die ältesten Stücke stammen aus dem 19. Jahrhundert und zeigen starken englischen Einfluss. Die Frauen arbeiten meist in Heimarbeit und sind über die ganze Insel verstreut. Durch die Tochter eines englischen Kaufmanns aus Funchal, Misses Phelps,  wurde um 1860 die Stickerei zur eigenständigen und für Madeira typischen Kunst. Die Stickereien erinnern stark an traditionelle Klöppelarbeit, sind reich verziert und sehr dekorativ. Die ältesten Stickereien Madeiras zeichnen sich durch Blumengirlanden, Lochstickerei, Kettenstich, Rosetten und Sterne aus. Auf Tischdecken, Tüchern, Blusen, Kleidern, Taschentüchern, Deco Stoffen und Kinderkleidchen sind die handgefertigten Kunstwerke heute käuflich zu erwerben.

Gobelin Teppiche – Stickereibilder

Gestickte Bilder waren am Anfang nur eine folkloristische Tradition. Doch durch das Engagement der deutschen Familie Kiekeben veränderte sich diese zum erfolgreichen Handwerk. Mit unendlich viel Geduld und vielen, vielen Stickerinnen entstanden so Gobelins auf Madeira. 1938 wurde  das erste Gobelin Atelier auf der Basis einer Stickereimanufaktur eröffnet. Die Gobelinteppiche waren bald begehrt und so nahm die Stickerei einen bedeutenden Platz im wirtschaftlichen Leben der Insel ein.

Der Gobelin ist ein in „Wolle“ gemaltes Bild. Der Sticker ist der Maler, der sein Bild nicht mit dem Pinsel malt, er stickt es. Er setzt Farbpunkt neben Farbpunkt, bis es Landschaften, Blumen oder Gesichter auf Stoff zeigt. Diese überaus robusten Handarbeiten werden von Generation zu Generation weitervererbt und so bleibt ein traditionelles Kunsthandwerk auf Madeira erhalten.

Madeirawein

Madeirawein ist eine geschützte Bezeichnung für den Südwein, speziell hergestellt in Madeira. Dieser Likörwein ist nicht nur absolut einmalig, sondern auch mit vielen traditionsreichen Arbeiten verbunden. Sein Alkoholgehalt liegt je nach Sorte zwischen 17 und 20%. Der Wein wird mit Weinbrand angereichert, um die Gärung zu verhindern. So erhöht sich der Alkoholgehalt, weil ein Teil des Zuckers in der Traube erhalten bleibt. Der traditionelle Alterungsprozess war die "Vinho da Roda Methode". Der Wein wurde nach Indien verschifft und wieder zurück. Heute wird eher die "Canteiro Methode" angewandt. Die Fässer werden unter relativ hoher Temperatur aufbewahrt und so entsteht ebenso ein aromatischer und langlebiger Wein. Er hält sich ohne weiteres über 100 Jahre, ohne an Qualität einzubüßen. Eher das Gegelteil trifft zu. Man muss ihn einfach probieren!

Zuckerrohrschnaps

Jedes Jahr in der Woche nach Ostern geht es los. Dann wird für 4 Wochen in der traditionellen Zuckerrohrfabrik Tag und Nacht auf Hochtouren gearbeitet. Frischer Honigkuchen, der "Bolo de Mel", Poncha, das Nationalgetränk auf Madeira, Zuckerrohrschnaps "Aquardente de Cana" und Zuckerrohrsirup "Mel de Cana" sind die besonderen Delikatessen von Madeira, die aus Zuckerrohr hergestellt werden. Die Ernte  muss innerhalb weniger Stunden verarbeitet werden, sonst trocknet das Zuckerrohr aus. Zuckerrohr brachte Madeira einst zum Wohlstand.

Madeiras leckerster "K.o.- Tropfen" heißt Poncha und ist eine Spezialität Madeiras  aus Zitrone, Honig und Zuckerrohrschnaps. Mit dem Pimmelchen, „Caralhinho“, so heißt der kleine Quirl, wird die Mischung verquirlt, damit man den Alkohol nicht so schmeckt. Eine Mischung, die angeblich jeden in die Knie zwingt.

Korbwaren

Camacha auf 700 m Höhe ist das Produktionszentrum der Korbflechterei. 

Die Handwerker produzieren ihre Ware meist zu Hause. Die Korbwaren stapeln sich oft vor den Türen der Häuser, bevor sie abgeholt werden. Die Flechtarbeit aus Weidenruten sichert hier den Lebensunterhalt vieler Familien und gehört zu Madeiras wichtigstem Exportgut. Jeder Arbeitsgang wird auch heute noch wie vor 100 Jahren mit der Hand durchgeführt, selbst das Schälen der Weiden. Die Weidenruten werden im Norden Madeiras geschnitten, aufgekocht oder kalt eingeweicht und dort auch bereits geschält.  Diese werden dann an die Korbmacher in Camacha weitergegeben, die daraus Körbe und Möbel herstellen.

Werden die Weidenbündel in kochendem Wasser eingeweicht, bekommen sie ihren bräunlichen Farbton und sind leichter zu verarbeiten.

Weiß bleiben die Weidenruten, wenn sie nach dem Ernten gebündelt, ins kalte Bach – oder Flusswasser gelegt  und nach dem Tocknen geschält werden. Diese sind allerdings störrischer und schwerer zu verarbeiten.

Korbschlittenfahrt

Die ersten Korbschlitten “Carros de Cesto” waren als Transportmittel für die Bewohner Montes eingeführt und damit die ersten öffentlichen Verkehrsmittel auf Madeira. Ein britischer Geschäftsmann in Monte, den die Not, beziehungsweise seine müden Beine erfinderisch machten, fand  den Weg hinunter nach Funchal in sein Handelskontor auf den engen, steilen Pflasterwegen äußerst mühsam. Straßen gab es damals noch nicht auf Madeira, und für Pferd und Wagen waren die Wege wegen ihrer fast erdrückenden Enge und der Steilhanglage ungeeignet.

Alte Menschen, Kranke und wohlhabende Touristen, damals noch Reisende genannt, trug man in Hängematten oder Sänften von Monte in die Stadt hinunter. Das Gefährt auf Kufen, das von zwei Männern angestoßen und gelenkt wird, war deshalb als Transportmittel eine große Erleichterung – wenn auch die Rutschpartie auf den gepflasterten Wegen viel länger dauerte als heute auf dem glatten Asphalt.

Wussten Sie schon?

Poncha - Legende


Vor vielen vielen Jahren, so erzählt eine Poncha-Legende, soll es in Câmara de Lobos zu einem Streit zwischen einem Einheimischen und und einem Briten gekommen sein. Ein Boxkampf sollte die Sache entscheiden.

Der Brite hatte sich mit einem Schluck Whisky gewappnet, der Madeirenser sein Glas Poncha im Blut. Ein kollossaler Fausthieb ließ den Briten zu Boden gehen.

„What a punch, aaaah" soll er nach seiner Widerbelebung gejammert haben, daher der Name Poncha